Corona kann man offensichtlich nicht einfach für beendet erklären. Auch nicht in China

Ich hatte Ihnen in der vergangenen Woche in der Präsenzveranstaltung das Thema „Corona ist vorbei! Ist Corona vorbei?“ präsentiert. Das fing an mit einer Meldung aus einer japanischen Tageszeitung: Why is China suddenly shutting down concerts and events? Darin wurde berichtet, dass in China reihenweise große Veranstaltungen wie Musikkonzerte abgesagt werden. Es wurde die Vermutung geäußert, dass eine neue Corona-Welle durch das Land schwappt. Dem ist wohl so.

»China ist mit einer neuen Corona-Welle konfrontiert. Dabei kommt es zu mehreren Millionen Neuinfektionen jeden Tag«, kann man dieser Meldung entnehmen: Viele Millionen Fälle: Corona-Welle rollt durch China. Und das sind keine Vermutungen von außen mehr: »Laut Berichten der chinesischen Gesundheitskommission kommt es jeden Tag zu Millionen von Neuinfektionen mit dem Coronavirus im gesamten Staatsgebiet. Der führende chinesische Epidemiologe Zhong Nanshan erwarte …, dass Ende Juni mit rund 65 Millionen Neuinfektionen pro Woche zu rechnen sei. Dies könnte laut dem Experten den Höhepunkt der Welle zeichnen. Derzeit gehe er laut Staatsmedien von rund 40 Millionen Infektionen in der Woche aus.«

»Bereits Ende des vergangenen Jahres warnten Experten vor nachlassender Immunität. Damals im Dezember hatte China bereits eine enorme Corona-Welle hinter sich, bei der sich rund 80 bis 90 Prozent aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger infiziert hätten. Die Regierung selbst veröffentlichte keine offiziellen Zahlen zu den Todesfällen, nach Schätzungen ausländischer Experten dürften im Winter jedoch rund eine Million Menschen aufgrund des Coronavirus gestorben sein.« Wobei die geschätzte Zahl der Toten eher als Untergrenze interpretiert werden muss. Anfang Dezember 2022 hatte China die strikten Coronamaßnahmen plötzlich beendet, ohne dass Krankenhäuser darauf vorbereitet gewesen wären.

Hintergrund der viele überraschenden totalen Kehrtwende in China am Ende des vergangenen Jahres: »Fast drei Jahre lang hieß es in China: null Covid. Dass die Strategie der totalen Eindämmung auf Dauer nicht aufging, zeigte sich spätestens im vergangenen Herbst, als die Zahlen trotz der rigiden Maßnahmen stetig stiegen. Zusätzlich hatten viele Menschen im Land die strikten Vorgaben satt. Dazu gehörte zum Beispiel wochenlange Zwangsquarantäne zu Hause, die in der Intensität nicht mit Maßnahmen hierzulande vergleichbar war. Immer mehr wütende Chinesen und Chinesinnen protestierten öffentlich dagegen. Proteste sind in China nicht unbedingt selten, doch sie finden in der Regel örtlich begrenzt statt – zum Beispiel, wenn etwa ein Unternehmen Löhne nicht ausbezahlt. Der Frust über die strikte Covid-Politik führte aber zu einer weite Teile des Landes erfassenden Protestwelle. Präsident Xi Jinping verkündete daraufhin das Ende der Null-Covid-Politik, Maßnahmen wurden kurzfristig gelockert oder ganz abgeschafft. Viele Spitäler waren auf die plötzliche Öffnung aber nicht vorbereitet. Offiziellen Angaben zufolge waren im Winter etwa 80 Prozent der 1,4 Milliarden Menschen in China mit Covid infiziert. Wie viele Todesfälle es tatsächlich im Zusammenhang mit Covid gab, ist unbekannt.«, so dieser Artikel: In China grassiert wieder Corona. Zu den angesprochenen Protesten kurz vor dem abrupten Ende der Null-Covid-Politik vgl. beispielsweise diesen Artikel vom 28.11.2022: Protestwelle gegen Null-Covid-Politik: »Millionen Menschen sind in China derzeit von Lockdowns betroffen. In vielen Städten kommt es jedoch zum Protest gegen die Null-Covid-Politik. An dieser scheint Peking nach wie vor festhalten zu wollen.« Kurze Zeit später hat dann die chinesische Regierung kapituliert.

Die neue Welle belegt zumindest eines: man sollte nicht zu früh vom Ende der Pandemie sprechen. »China attestiert sich selbst, einen „großen und entscheidenden Sieg“ über das Coronavirus errungen zu haben, der ein Musterbeispiel für Seuchenprävention und -bekämpfung in bevölkerungsreichen Ländern sei. Die Epidemie im Land sei „grundsätzlich“ beendet«, konnte man in diesem Bericht vom 23. Februar 2023 lesen: China erklärt Corona-Epidemie im Land für „grundsätzlich“ beendet. Wenn man die chinesische Staatsposition vertreten müsste, würde man vielleicht auf das Wort „grundsätzlich“ abstellen, das meint eben nur eigentlich ist das beendet, also von Ausnahmen abgesehen.

Und auf einzelne Worte zu achten, bietet sich auch hier an: »Die Behörden berichteten, zwei Impfstoffe seien jetzt zugelassen worden, um speziell gegen die XXB-Variante vorzugehen. Wann sie auf den Markt kommen, war aber unklar. Es hieß nur „bald“. Moderne mRNA-Impfstoffe aus dem Ausland sind in China weiter nicht zugelassen.« (Quelle: Neue Corona-Welle in China – Rund 40 Millionen Infektionen pro Woche, 26.05.2023). „Bald“ werden die also kommen sollen.